Hallo liebe Leser,

Da kommen Kinder und Jugendliche aus problematischen Verhältnissen zu uns, die wir hier garnicht näher beschreiben müssen. Da werden Lehrerinnen und Lehrer mit jungen Menschen konfrontiert, die von ihrem soziokulturellen Hintergrund her von klein auf zu Machos und einem Selbstbewusstsein erzogen worden sind, das in krassem Widerspruch zu ihren wahren Fähigkeiten stehen kann. Da kommen Sprösslinge aus sogenannten besseren Kreisen, die genau die gleichen Eigenschaften mitbringen wie die eben beschriebenen, wobei noch erschwerend hinzukommt, dass deren Eltern im Zweifelsfall grundsätzlich die besseren Pädagogen sein wollen. Das alles macht unsere Arbeit zweifellos komplizierter als noch vor Jahren, es macht sie aber nicht unmöglich.

Um einmal erfolgreich unterrichten zu können, bedarf es zunächst eines ehrlichen, realistischen Blicks auf das Anforderungsprofil für den Lehrberuf. Hierbei sollten sich die Interessierten ganz klar darüber werden, ob es neben der Neigung für bestimmte Fächer und gutem Fachwissen ganz andere, vielleicht noch wichtigere Bereiche gibt, die es abzudecken gilt: beispielsweise emotionale und soziale Intelligenz, menschliche Wärme, aber ebenso Durchsetzungsvermögen, das Umgehen mit Kritik, nicht nachlassende Lernbereitschaft, womöglich die Bereitschaft zu einer Supervision.

Wenn Sie, liebe angehende Kolleginnen und Kollegen beim Lesen des letzten Absatzes ein gutes Gefühl haben, haben Sie eigentlich schon eine ganz hohe Hürde auf Ihrem Weg ins Berufsleben genommen.

Der nächste entscheidende Schritt wäre dann die Erkenntnis, dass Ihr beruflicher Erfolg in allererster Linie davon abhängt, wie gut Ihre Beziehung zu Ihren Schülerinnen und Schülern ist. Dazu müssen Sie zunächst ihr Vertrauen gewinnen. Wie Sie dann unterrichten, welche Methoden oder Medien Sie einsetzen – das ist sekundär; wichtig ist, ob Sie miteinander können, ob es eine Freude sein kann, miteinander zu arbeiten, ob Sie einander wertschätzen.

Wissen sollte natürlich möglichst nachhaltig vermittelt werden. Ist das bei unseren Lehrplänen überhaupt möglich? Was müssen wir nicht bis zum Schuljahresende alles „durchgenommen“ haben?  Hat da nicht mal jemand vom bulimischen Lernen gesprochen? Und als Pädagogen haben wir ja auch noch einen Bildungs- und Erziehungsauftrag zu erfüllen, der über das Vermitteln von reinem Fachwissen hinausführt.

Ein Blick in unsere Schulordnungen und Lehrpläne gibt hierzu klare Antworten. Ich möchte als Beispiel den aktuellen Lehrplan der Bayerischen Realschule in Auszügen heranziehen:

  • Die Schulen … sollen Wissen und Können vermitteln sowie Geist und Körper, Herz und Charakter bilden…

  • lernen die Schüler, sich mit anderen fair, rücksichtsvoll und sachlich auseinander zu setzen. Sie werden angehalten, Eigeninitiative und den Willen zur Mitgestaltung der Gesellschaft zu entwickeln und dabei Toleranz und Solidarität zu üben…

  • Sie sollen  bereit werden, Verantwortung für Natur und Umwelt zu übernehmen…

  • Sie erkennen, dass alle Mitglieder der Gesellschaft Fehlentwicklungen entgegenwirken und zu einer Verbesserung der Verhältnisse beitragen müssen.

Wir sehen, es geht um fundamentale Bereiche unserer Existenz. 

Wenn Sie ein vertrauensvolles Verhältnis zu Ihren  Schützlingen aufgebaut haben, können Sie diese  Erziehungsziele, gewinnbringend in Ihren Unterricht einbringen. Immer gut: Führung durch Vorbild! Dann haben nicht nur Ihre Schülerinnen und Schüler einen weiteren Hintergrund für einen Sinn-vollen Lebensplan, sondern Sie werden selbst einen Kraftquell für Ihre Berufsmotivation erschließen, der es in sich hat. Dies alles ist mit dem staubtrockenen Begriff Lehr„amt“ nicht zu erfassen und das Phänomen Burnout können Sie dann auch vergessen – vielleicht der Schlüssel zu einem Traumberuf?